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November

Es gibt wenig Dinge, die mir so gut tun und die mir so sehr helfen, runterzukommen, zu entspannen und neue Energie zu tanken, wie ein einsamer Spaziergang über die verregneten, grauen, diesigen Felder. Das klingt übrigens dramatischer und melancholischer, als es tatsächlich ist.

Wenn ich losgehe, hab ich meistens noch einen schnellen und hektischen Gang drauf und den Kopf noch voll mit Gedanken und Zeugs. Aber je länger ich laufe und je mehr ich meine Umwelt und die Umgebung auf mich wirken lasse, die kalte Luft um die Ohren und den nassen Regen und den Wind im Gesicht spüre, und je weniger anderen Menschen ich auf meinem Weg begegne, desto langsamer wird mein Gang, desto ruhiger mein Herzschlag und desto mehr versinke ich in mir selbst.

Musik spielt dabei, wie so oft in meinem Leben, eine ganz besondere Rolle. Ich brauche auf jeden Fall passende Musik, um wirklich das Kopfkino starten zu können. Dann lasse ich meinen Blick schweifen und lasse die Musik in meinen Geist strömen. Zwischendurch schaue ich vielleicht auch einfach mal ganz stumpf direkt vor mir auf den Boden, auf dem ich gerade gehe. Und mein Gang wird immer ruhiger und langsamer, bis es irgendwann nur noch ein Trotten ist. Ein sich voran schleppen. Ein langsamer, schwerfälliger Gang, der für Außenstehende vermutlich den Eindruck erweckt, als hätte ich keine Lust und keine Kraft mehr und als würde ich jedem Moment einfach vorne über mit dem Gesicht in den matschigen Boden fallen. Aber innerlich bin ich absolut tiefenentspannt, fast schon meditativ. Die Musik durchdringt mich, mein Kopf wird immer leerer und ich fühle mich einfach maximal entspannt. Das hat alles rein gar nichts zu tun mit Einsamkeit, Traurigkeit oder Depression, die in mir schlummert. In keinster Weise. Es ist einfach das entspannende Gefühl, in der Natur zu sein, mit mir selbst, ohne andere Menschen, ganz allein. Daraus kann ich persönlich unglaublich viel Kraft ziehen. Als würde jemand meine Seele und mein Hirn mit warmen, öligen Händen kraulen und massieren.

Die Musik, die ich währenddessen höre, kann ganz klassische Klaviermusik sein. Olafur Arnalds Album “Living Room Songs” zum Beispiel, trifft mich mit jedem Tastenschlag ganz tief. Aber auch Chilli Gonzales’ “Solo Piano” oder auch die etwas langsameren, schwermütigen Stücke von Yann Tiersens Soundtrack zu “Die fabelhafte Welt der Amelie” passen ganz wunderbar. Aber es gibt auch Künstler aus dem elektronischen Bereich, die mich catchen. Beispielsweise der Soundtrack zu “Arrival” von Jóhann Jóhannsson, der echt beklemmend ist. Ganz besonders aber die Musik von Simon Stålenhag, und da vor allem das Album “The Electric State”. Aber auch das leicht 80er Chiptune/Synth angehauchte Album “Seelen” der mexikanischen Künstlerin Doreem macht mich komplett fertig und holt mich immer wieder ab.